Museum-Palast

Die Residenz in Rogalin wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jh. als Familiensitz von Kazimierz Raczyński, dem königlichen Schreiber, später Generallandrat in Großpolen und Hofmarschall auf dem Königshof von Stanisław August Poniatowski errichtet. Anfang der 70er Jahre des 18. Jh. entstand eine reguläre spätbarocke Park- und Gartenanlage vom Typ „zwischen Hof und Garten“, die bis heute in ihrer ursprünglichen Form mit geringen Modifizierungen durch die darauffolgenden Besitzer erhalten blieb. Der Palast besteht aus dem Hauptgebäude und den mit ihm verbundenen viertelkreisförmigen Galerieflügeln der zwei Seitengebäude. Entlang der Höfe findet man eine Holzkammer, den Stall, das Kutschenhaus und das Gesindehaus mit seinen vier Wohnungen. Hinter dem Palast befindet sich ein französischer Garten mit westlich anliegendem Aussichtshügel. Der Autor des Entwurfes soll ein unbekannter sächsischer Architekt sein, der in Warschau in den 60er Jahren des 18. Jh. wirkte. Während der Palasterrichtung beauftragte Kazimierz Raczyński D. Merlini und J. Ch. Kamzetzer mit Projekten der klassizistischen Modernisierung der Innenräume und Fassaden, welche teilweise realisiert wurden.

Anfang des 19. Jh. ließ der Enkel von Kazimierz, Edward Raczyński im östlichen Teil des Familiengeländes eine Mausoleumskirche als Nachbau eines antiken maison carree in Nimes in Frankreich errichten und erweiterte die Parkanlage um einen Landschaftspark. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. entstand der Hof in seiner aktuellen Form, mit dem Rasenplatz und der Kastanienbaumallee. Im Palast ließ Edward Raczyński den Ballsaal in eine später nicht nur in Großpolen bekannte, im neogotischen Stil gehaltene Rüstkammer umwandeln. Mit antiken Waffen und Nationalgedenken ausgerüstet war er der erste Museumsraum der Romantik auf diesem Gebiet.

Der nächste wichtige Baustein in der Geschichte der Residenz hängt mit der Tätigkeit von Edward Aleksander Raczyński und seiner Ehefrau Róża Potocka zusammen, die Ende des 19. Jh. eine intensive Renovierung des Palastes vornahmen. Darüber hinaus wurde der ursprüngliche Speisesaal in eine neobarocke Bibliothek umwandelt, die mit Publikationen über Kunst ausgestattet wurde. 1910 wurde unterhalb des Hinterhauses ein Galeriegebäude errichtet, in welchem der Kunstkenner und Sammler eine über 40 Jahre angesammelte Kunstwerksammlung moderner europäischer und polnischer Gemälde aus der Jahrhundertwende des 19. und 20 Jh. in Polen untergebracht hat.

Der 2. Weltkrieg, während dessen der Palast ein Sitz der Hitlerjugend war, sowie die Nachkriegszeit, während der der Gebäudekomplex einige Jahre leer stand, haben glücklicherweise die Architektur des Palastes nicht beschädigt. Es kam jedoch zu wesentlichen Deplatzierungen der Innenausstattung.

Der Palast der Familie Raczyński in Rogalin übte großen Einfluss auf das Milieu von Künstlern und Mäzenen in Großpolen im 18. Jh. aus und gehört ohne Zweifel zu den besten

Beispielen der Architektur der Residenzen in Polen. Seine besonderen Platz in der Geschichte der polnischen Kultur verdankt er jedoch nicht nur dem künstlerischen Wert des Objektes und der natürlichen Einpassung der Residenz in umgebende Landschaft. Mit Rogalin und der Familie Raczyński verbindet man wohl eine über Generationen hinweg kultivierte großzügige Tradition des Mäzenatentums der Kultur und Kunst. Unter anderem brachte sie Errungenschaften hervor, wie die von Edward geförderte erste öffentliche Bibliothek in Großpolen, die Raczyński-Bibliothek in Posen, eine hervorragende Malereisammlung europäischer Werke seines Bruders Atanazy, die heute den Kern der Sammlung des Nationalmuseums in Posen bildet sowie die bereits erwähnte der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemachte Galerie in Rogalin von Edward Aleksander. In diese Traditionen reiht sich das letzte männliche Familienmitglied, Präsident der PR im Exil, Edward Bernard Raczyński ein, welcher 1991 beim Nationalmuseum in Posen eine Raczyński-Stiftung gründete, an welche er Exponate aus der Gemäldegalerie im Palast und die Eigentumsrechte an der Residenzanlage überreichte.

Der Palast in Rogalin fungiert seit 1949 als Museum. Nach mehreren Jahren intensiver Nutzung benötigte das Objekt eine umfangreiche Sanierung. Im Rahmen der Bauarbeiten, die 1975 starteten und mit Unterbrechungen bis ins Jahr 2000 andauerten, wurden die ehemaligen Behelfsgebäude, die Seitenflügel sowie Teile des zentralen Baukörpers renoviert und die Umgebung neugestaltet. Leider traten in den 70er und 80er Jahren des 20 Jh. mehrere Fehler in der Ausführung der Arbeiten auf, die eine spätere Fortsetzung der Sanierungsarbeiten behinderten. Aufgrund der langandauernden Bauarbeiten veralteten die technischen, formalen und funktionalen Daten aus dem Entwurf aus den 70er Jahren sowie auch das funktionelle Konzept des Museums. Bedauerlicherweise wurden weitere Bauarbeiten aufgrund mangelnder staatlichen Förderung ab dem Jahre 2000 unmöglich.

Die langjährigen Anstrengungen des Nationalmuseums in Posen, die ursprüngliche Pracht der Residenz in Rogalin wiederherzustellen und die für diesen Zweck notwendigen Finanzmittel zu erwerben, wurde mit Erfolg gekrönt. In den letzten Jahren wurde an einem Programm zur Sanierung des Palastes gearbeitet, das eine Wiederherstellung der historischen Innenräume in ihrer ursprünglichen Form plant, die ihm von den Besitzern bis zur Jahreswende des 19. Jh. und 20. Jh. verleiht wurde, unter Berücksichtigung der funktionalen Änderungen, die bis 1939 eingeführt wurden. Das Programm basiert auf der Analyse der Residenzgeschichte und deren Umwandlungen sowie auf Ergebnissen konservatorischer Forschungen und betont historische und künstlerische Inhalte, die den einmaligen Charakter des Palastes in Rogalin unterstreichen. Andererseits erfüllt das neue Programm die Anforderungen des modernen Museumswesen unter Berücksichtigung der vielseitigen Funktionalität, die ein weit von einem Stadtzentrum entferntes Museum zu erfüllen hat, d.h. also Museums-, Bildungs- und touristische Funktionen, Eignung des Objektes für Behinderte, Gastronomie vor Ort und notwendige Infrastruktur.

Im Jahre 2005 wurde ein Projekt entworfen, welches die Voraussetzung für das Erhalten einer Förderung von der Europäischen Union war. Der Antrag wurde im NMP vorbereitet und fand sich im darauffolgenden Jahr auf dem fünften Platz von dreizehn vom Ministerium für Kultur und Kunst empfohlenen Anträgen, von insgesamt hundertelf gestellten Anträgen

polnischer Einrichtungen. Im Rahmen des Projektes „Sanierung der Park- und Gartenanlage in Rogalin – Filiale des Nationalmuseums in Posen“ wurden konservatorische Bauarbeiten im zentralen Baukörper durchgeführt, die das Bauwerk für die zweite Etappe – die Innenausstattung – vorbereiten sollte. Die Gemäldegalerie wurde mit einer Klimaanlage, einem neuen Heizungssystem und einer UV-geschützten Dacheindeckung ausgestattet. Im Rahmen der Modernisierung der Infrastruktur wurde das gesamte auf Koksfeuerung basierte Heizungssystem in allen Gebäuden durch eine Gasheizung ersetzt. Aufgrund der im Jahre 2007 unterzeichneten Vereinbarung erhielt das Nationalmuseum in Posen für diesen Zweck einen Zuschuss aus dem Fond des Finanzierungsmechanismus des Europäischen Wirtschaftsraums und Norwegischen Finanzierungsmechanismus in Höhe von 2.923.732 EUR, also ca. 85% der gesamten Projektkosten.

Bis 2007 wurden nur ausgewählte Räume im Seitenflügel und Hinterhaus für die Besucher zugänglich gemacht. Im Nordteil, der ursprünglich eine Palast-Küche und Räume für die Palastdiener beherbergte, wurde eine Galerie mit Familienportraits und dem sog. Londoner Kabinett gezeigt. Es handelt sich dabei um einen Nachbau einer Londoner Wohnung von Edward Bernard Raczyński, des letzten männlichen Familienmitglieds und sogleich letzten legitimen Besitzer der Residenz.

Im südlichen Flügel, der zu Raczyński-Zeiten für Gäste bestimmt war, findet man Räumlichkeiten, die an die Palastbesitzer erinnern sollen, von einem Rokoko-Boudoir aus der Kazimierz-Zeit, über ein Empire-Kabinett ausgestattet mit Andenken aus der Napoleonszeit und Portraits von Edward und seinem Bruder Atanazy, bis hin zum kleinen Salon im Stil Ludwigs XVI. mit Portraits von Roger und seiner Frau Konstancja von Lachman. Ergänzt wurde das Ganze mit einem Speisesaal und einer Orangerie aus dem 19. Jh., die an der ursprünglichen Stelle der Palastkapelle lokalisiert war.

Die Gespanne, die in der Jahreswende des 19. und 20 Jh. auf einem solchen Landgut eingesetzt wurden, konnte man im Kutschenhaus neben dem Hof kennen lernen. Die Exposition wurde um zwei in der Stadt verwendete Kutschen, einem sog. Fiaker und der letzten Posener Droschke mit erhaltenem Taxameter und Sänfte aus dem 18. Jh. und einem Kinderschlitten von 1778 ergänzt.

Ebenfalls wurde eine Galerie von Edward Aleksander Raczyński zugänglich gemacht. Sie wurde in Anlehnung an Entwürfe des Posener Architekten M. Powidzki errichtet und beherbergt ca. 250 von insgesamt 300 von der ganzen Sammlung erhaltenen Werke. Seit einigen Jahren sind diese nach dem Expositionssystem aus der Vorkriegszeit verteilt.

Zu Spaziergängen ermunterte ein hinter dem Palast errichteter französischer Garten aus der 2. Hälfte des 18. Jh. und ein Landschaftspark mit einer Ansammlung von alten Eichen. Die bekanntesten unter ihnen sind diejenigen, die die Namen der legendären Slawenbrüder tragen, die Eichen Lech, Czech und Rus. Ihr Alter wird auf über 700 Jahre geschätzt und der Umfang des Stammes des größten Baumes beträgt über 9m.

Nach dem im Jahre 2009 abgeschlossenen Sanierungsarbeiten aus den norwegischen Förderungsmitteln öffnete das Museum für die Besucher den Haupttrakt des Palastes mit seiner

wiederhergestellten Innenarchitektur, jedoch noch ohne Innenausstattung, den Nordflügel mit der Galerie der Vorfahren und dem sog. Londoner Kabinett, die Gemäldegalerie und das Kutschenhaus.

Im Juni 2012 beschloss der Minister für Kultur und Kulturerbe B. Zdrojewski das Projekt „Sanierung und Modernisierung der Palast-Parkanlage in Rogalin, Filiale des Nationalmuseums in Posen – 2. Etappe“ im Rahmen des Vorhabens 11.1. „Schutz und Erhalten des überregionalen Kulturerbes“ der 9. Priorität „Kultur und Kulturerbe“ des Programms „Infrastruktur und Umwelt“ finanziell zu unterstützen. Darüber hinaus wird ein Programm der vollständigen Sanierung und Modernisierung der historischen Bauwerke und der Umgebung abgeschlossen. Zu diesem Zweck wird bis Ende 2014 folgendes geplant:

  • Fortsetzung der Sanierungsarbeiten und Modernisierung, darunter die Arbeiten an der Dachdecke und Fassade und die Malerarbeiten im Palast und Flügel, der Gemäldegalerie, dem Stall, dem Kutschenhaus, dem ehemaligen Holzhaus und dem Gesindehaus mit seinen vier Wohnungen, das heute zum Teil für Kundendienstzwecke genutzt wird (Museumskasse).
  • Wiederherstellung der historischen Struktur der Wege im Vorhof, Rekonstruktion der ursprünglichen Form der Dreisäulenbrücke und der Pflastersteindecke auf dem Hof sowie die Renovierung der bestehenden und das Errichten einer separaten Bahn für Behinderte.
  • Renovierung und Austausch der Abwehr-Mauer und Umzäunung.
  • Modernisierung und Erweiterung der elektrischen Leitungen und der IT Struktur.
  • Austausch und Erweiterung der externen Wasser- und Abwasserleitungen.

Eine getrennte jedoch sehr große Aufgabe ist die Wiederherstellung des historischen Charakters der Innenräume des Haupttraktes und ausgewählter Räumlichkeiten im Südflügel des Palastes und die Herrichtung dieser als Museums- und Ausstellungsräume. Dies soll folgendes einschließen:

  • Wiederherstellung der Innenausstattung der Zweietagen-Bibliothek nach den erhaltenen Entwürfen von Z. Hendel aus dem Jahre 1893.
  • Abdeckung der Wände mit wiederhergestellten Stoffen.
  • Wartung und Rekonstruktion von 17 Öfen, über 200 Möbelstücken, mehreren Stoffstücken, über 30 Lampen und Leuchter, Renovierung von mehreren Gemälden und Rahmen, Uhren, einigen Glasmalereiwerken und sonstigen notwendigen Gegenständen.

Die Exposition des Kutschenhauses wird um vier Kutschen bereichert, die zu diesem Zwecke renoviert werden.

Im Rahmen der umfangreichen Förder- und Bildungsaktion und der Anpassung des Objektes für Behinderte soll auch eine Webseite errichtet werden. Es wird ein sog. Kindermuseum und Anfass-Museum errichtet und zusätzliches Behelfszubehör für Personen mit gestörter Sehfunktion bereitgestellt.

Die Kosten eines so umfangreichen Vornehmens sind wie folgt: