Palastgebäude

Foto: M.Pietraszak-Dmowski Foto: M.Pietraszak-Dmowski

Der Raczyński-Palast in Rogalin, der seit 1949 Filiale des Nationalmuseums in Posen ist, gehört zu führenden Beispielen der Residenz-Architektur in Polen. Einen besonderen Platz in der Geschichte verdankt er dem historischen Wert des Objektes, der Komposition der Raumordnung sowie der Tradition des kulturellen und künstlerischen Mäzenatentums in der Familie Raczyński. Zu den Erfolgen dieser Familie gehören u.a. das von Kazimierz Raczyński in Posen zu Stanisław August eingeleitete Mäzenatentum, die von Edward gestiftete Raczyński-Bibliothek in Posen und die infolge seines Strebens errichtete Kapelle der polnischen Könige in der dortigen Kathedrale, die prachtvolle Gemäldesammlung seines Bruders Atanazy, heutzutage Kern der Sammlung des Posener Nationalmuseums und die Galerie zu Rogalin von Edward Aleksander. Der letzte Nachkommen seines Geschlechts, Staatspräsident von Polen im Exil, Edward B. Raczyński, gründete, einmalig im ganzen Land, die Raczyński-Stiftung am Nationalmuseum in Posen, an die er seine Gemäldesammlung und sonstige Kunstwerke aus dem Palast und die Eigentumsrechte an der Residenz überreichte.

Die Residenz in Rogalin wurde in den Jahren 1770-76 aus der Initiative von Kazimierz Raczyński als Hauptsitz des vermögenden Adeligen und damals königlichen Schreibers errichtet. Ihre Pracht ist nicht nur Folge der Sorge um das Ansehen des Geschlechts, sondern auch der politischen Rolle, die mit Übernahme der Stelle des Generallandrats von Großpolen und königlichen Hofmarschalls folgte.

Die Wahl des Standortes sowie des Entwurfsautors war nicht zufällig. Die pittoreske Landschaft im Warthe-Tal in der Umgebung von alten Eichen ermöglichte die Errichtung eines Sitzes, dessen mit klassizistischen Normen übereinstimmender künstlerischer Wert den Ehrgeiz des Gründers stillen konnte und aufgrund der Nähe zu Posen eine regelmäßige Anteilnahme an der Öffentlichkeit und am Sozialleben sicherte.

Für die Errichtung der Residenz wurden Entwürfe eines unbekannten Architekten aus den königlichen Kreisen genutzt, die mit Dresden und Warschau in Verbindung standen. Auf dieser Basis hat eine Gruppe von Bauarbeitern unter der Leitung von Antoni Hoene, dem bedeutendsten Architekten in Großpolen zu dieser Zeit, eine imposante Palast- und Park-Anlage errichtet, die sich um eine gemeinsame Achse ausbreitete. Im Zentrum steht ein Palast mit viertelkreisförmigen Flügeln, einem dahinterliegenden gut erhaltenen Garten und zwei weiteren Höfen vor dem Palast, an deren Ende Bauwerke wie das Kutschenhaus, der Pferdestall, das ehemalige Holzhaus und Gesindehäuser gebaut wurden. Er bildet also eine Anlage, die aus der französischen barocken Tradition stammt, einem entre cour et jardin (zwischen Hof und Garten), obwohl der Garten selbst aufgrund

seiner kleinen Abmessungen und abwechslungsreichen Komposition Züge einer Rokoko-Anlage aufweist. Mit dem Frühklassizismus in Verbindung bringt man die Anlage in Rogalin aufgrund seiner pittoresken Lage und der Sorge um Verbindungen zwischen den Aussichten, die nicht nur aus den Palastfenstern, aber auch aus dem Garten und in der Landschaft dominierenden Hügeln, dem sog. Parnassus vorzufinden sind.

Diese komplexe Stilistik ist auch im Palast selbst mit einer in ihrem Ursprung barocken Form sowie auch in aus dem Rokoko stammenden funktionellen Lösungen und Dekorationen, im klassizistischen Vorraum und der Prachttreppe nach dem Entwurf von J.Ch. Kamsetzer und D. Merlini zu bemerken, der im 19. Jh. nach der Idee von Edward Raczyński um eine neue Empire Dekoration ergänzt wurde. Zu dieser Zeit wurden dem Ballsaal auch seine neogotischen Züge verliehen, die Hintergrund für die hier auf seine Initiative errichtete Rüstkammer verschaffte. Die Dekoration wurde durch eine historisierende Bibliothek nach dem Projekt von Z. Hendel im ehemaligen Speisesaal im Obergeschoss des Palastes ergänzt.

Autor: Ewa Leszczyńska