Eichen in Rogalin

Foto: M. Wilanowska Foto: M. Wilanowska

In Rogalin und Umgebung treten zahlreiche, lose verteilte, prachtvolle Exemplare der Stieleiche, Quercus robur, auf. 1992 wurden 1435 Exemplare inventarisiert, deren Durchmesser des Baumstammes (auf Brusthöhe von 1,3 m) 2 m überschreitet. Viele davon sind Naturdenkmäler, ohne Zweifel Ikonen der Landschaft in Großpolen. Die bekanntesten sind LECH (6,33 m Durchmesser), CZECH (7,35 m Durchmesser, leider seit 1992 tot) und RUS (9,15 m Durchmesser, heutzutage mit dem größten Durchmesser im Eichenwald von Rogalin) und die EDWARD-EICHE (6,18 m Durchmesser). Sie wachsen in der Nähe des Palastes, in einer märchenhaften Umgebung des naturalistischen Landschaftsparks (heute 27 ha, ursprünglich 300 ha).

Es handelt sich dabei um das Gebiet des weit reichenden Warthe-Tals mit seinen hohen Steilhängen und seiner weiten Überschwemmungsterrasse mit zahlreichen Altwassern und Teichen. Viele der majestätischen Eichen findet man auch auf den Feldern auf dem ehemaligen Landgut, im Wald oder auch nahe Ortschaften. Ausgewählte Exemplare (z.B. Lech und Rus) werden für den Schutz der Genbestände im Wald verwendet. Jedes Jahr werden daraus Setzlinge für den Abbau der Urwälder gewonnen. Die alten Bäume bilden einen biodifferenzierten Lebensraum für besonders seltene Insekte. Sie werden durch folgende Käfer vertreten: der Eremit – Osmoderma eremita (als prioritäre Art eingestuft, insbesondere in Europa geschützte Gattung), der Große Eichenbock – Cerambyxcerdo (hier zahlreich zu finden, seine Larve frisst sich im Holz eine ca. 1 m tiefe Höhle) und der Hirschkäfer – Lucanuscervus (ernährt sich von zermürbtem Totholz, Pflanzenwurzeln und in seiner ausgewachsenen Form vom Saftfluss der beschädigten Bäume).

Das Dilemma, ob eher die seltenen Insekte, die die alte Bäumen beschädigen, oder eher die alten Bäume geschützt werden sollen, wurde gelöst – beide werden geschützt. Die für die Insekten harmlose Baumpflege stärkt die Bäume, und neue Anpflanzungen ergänzen die Eichenwälder von Rogalin. Heutzutage wird die Bedrohung durch den Klimawechsel verstärkt (Landschaftsumwandlung Großpolens in eine Steppe), Veränderung des Gewässerverhältnisses (Regulierung des Flusses Warthe und Reduzierung der Flutwelle durch einen Stausee in Jeziorsko), Wasserstress (aufeinanderfolgende trockene und feuchte Jahre), starke Winde, Blitzschläge sowie auch zunehmende durch den Menschen verursachte Schäden der Landschaft. Der Mensch war immer schon von der Majestät und der Größe der alten Bäume, dem Überbleibsel des Urwaldes, fasziniert. Für Slaven und viele andere Völker Europas aus der Zeit vor Christus waren besonders die riesigen Eichen heilig. Ihre „anfassbare“ Anwesenheit in gepflegten Wäldern (die die Rolle heutiger Tempel einnahmen) wurde in die bildhafte Mythologie eingeflochten und über Generationen hinweg durch religiöse Übertragungen wiederholt.

An diese Tradition knüpft eine Legende über „Lech, Czech und Rus“ an, drei Brüder, die vor Jahrhunderten nach Rogalin kamen, um die bekanntesten Eichen in Großpolen zu pflanzen, die dann nach ihren Namen benannt wurden. Das Bestehen dieser Bäume bewegte über Jahrhunderte die Vorstellungskraft von vielen Generationen. Der Beweis für diesen Einfluss auf die Künstlerwelt sind hervorragende Gemälde von Michał Wywiórski (in der Galerie in Rogalin ausgestellt)  und Leon Wyczółkowski (im Museum in Bydgoszcz ausgestellt).

Autor: Piotr Wilanowski

Glossary:

  • Brusthöhendurchmesser (BHD)
  • naturalistischer Park
  • Überschwemmungsterrasse
  • Altwasser
  • Genbestände im Wald
  • biodifferenzierte
  • Karyophage