Gemäldegalerie

Über die Einmaligkeit der Residenz von Familie Raczyński entscheidet unter anderem die Gemäldegalerie, die von Edward Aleksander Raczyński, einem der bedeutendsten Kunstkenner und langjährigen Vorsitzenden des Vereins der Schönen Künste in Krakau gegründet wurde. Seit den 80er Jahren des 19. Jh. bis in die 20er Jahre des 20. Jh. kaufte er Kunstgegenstände an, wodurch eine der mit nahezu 500 Kunstobjekten prachtvollsten Sammlungen der modernen Malerei in Polen entstanden ist.

Der Gedanke, sie öffentlich zugänglich zu machen, begleitete Raczyński von Anfang an bei seiner Sammeltätigkeit. Die ersten architektonischen Projekte wurden 1896 bei Stanisław Borecki bestellt, also bereits nach dem Abschluss der Sanierungsarbeiten im geerbten Palast in Rogalin. Das Gebäude wurde jedoch erst 1910 nach dem modernistischen Entwurf von Mieczysław Powidzki errichtet. Die sakrale Innenausstattung der Galerie steht in gutem Einklang mit der von ihr beherbergten Kunstsammlung, dessen Mittelpunkt die monumentale „Jungfrau von Orleans“ ist, eines der religiösesten historischen Bilder von Jan Matejko, welches in Übereinstimmung mit der christlichen Tradition an der östlichen Wand platziert wurde.

Das moderne Gebäude mit seiner durch Glasdächern mit Stahlkonstruktionen aus der Fabrik von H. Cegielski erreichten Oberbeleuchtung befindet sich unterhalb des südlichen Palastflügels. Dadurch wurde die bestehende Anlage nicht gestört und gleichzeitig war der Neubau für den Besucherverkehr aus dem unteren Teil des Gartens und Parks zugänglich und für die Palastbewohner und Raczyńskis Gäste durch das südliche Hinterhaus.

Von den ca. 300 Kunstobjekten aus der Sammlung aus der Vorkriegszeit blieben bis heute 250 Arbeiten erhalten. Trotz Lücken in der Sammlung aufgrund von Verlusten während des Krieges sowie auch vorübergehender Ausstellungen ausgewählter Kunstwerke der polnischen Künstler im Nationalmuseum in Posen verschafft die gegenwärtig ausgestellte Sammlung einen Einblick auf das durch den Gründer geschaffene Ausstellungsreservoir und wurde wohl nach dem Führer über die Gemäldegalerie in Rogalin um 1926 sowie Archivfotos rekonstruiert.

Foto: Edward Aleksander und Róża Raczyński bei der Errichtung der Galerie um 1911.

Wir erhalten hiermit also die Möglichkeit, das Ausstellungskonzept von Edward A. Raczyński kennenzulernen, dessen Bilder nach der für das 19. Jh. charakteristischen Ausstellungsart in zwei, drei oder sogar vier Reihen aufgehängt präsentiert wurden. Die Wechselwirkung der Kunstwerke und Säle zeigt, dass eine der grundsätzlichen Voraussetzungen dieser Idee war, die Mannigfaltigkeit der Kunst der Jahrhundertwende zu zeigen, mit besonderer Betonung auf die zu dieser Zeit aufblühende polnische Malerei.

Diese kann man sowohl im Eingangsvorraum mit einer großen Gruppe realistischer Arbeiten der polnischen Vertreter der Münchener Schule bewundern, sowie auch im letzten und dabei größten Saal, der nicht nur von der „Jungfrau aus Orleans“, sondern auch von den bekanntesten, symbolischen Gemälden von Jacek Malczewski und im anderen Stil gehaltenen Arbeiten von A. Gierymski, W. Podkowiński, O. Boznańska, J. Fałat, L. Wyczółkowski, J. Mehoffer und W. Weiss dominiert wird.

Aus dieser Gruppe wurden lediglich mehrere Pastellarbeiten von S. Wyspiański, K. Sichulski und T. Axentowicz herausgenommen, die aus konservatorischen Gründen im speziell verdunkelten Nebenraum exponiert werden.

In drei großen, über Enfiladen verbundenen Ausstellungsräumen, die von der Halle zum größten Galeriesaal führen, werden Kunstwerke angesehener europäischer Künstler ausgestellt, darunter vor allem aus Frankreich aber auch aus Belgien, Spanien, Norwegen und Deutschland, darunter z.B.: A. Besnard, J. E. Blanche, E. Carrière, M. Chabas, A. Point, E. Claus, L. Simon, I. Zuloaga, F.J. Thaulow, F.v. Stuck sowie M. Slevogt. Deren Salon-, postimpressionistischen, naturalistischen, neoimpressionistischen sowie auch symbolischen Werke bringen das europäische Schaffen dieser Zeit näher und ermöglichen dabei einen Vergleich mit der polnischen Malerei.

Die Exposition der Galerie wird um an diversen Stellen platzierte Skulpturen von E. M. Wittig ergänzt, unter deren die Büste von Edward A. Raczyński besondere Aufmerksamkeit verdient. Im danebengelegenen Eingangsraum kann man die Glasmalerei „Karpfen“ von L. C. Tiffani bewundern, einem bedeutenden amerikanischen Künstler, der die Kunst der Glasmalerei seiner Zeit revolutionär beeinträchtigte.

Autor: Ewa Leszczyńska